Vertrauen und Marktwirtschaft.
Die Bedeutung von Vertrauen für den Aufbau von marktwirtschaftlichen Strukturen im Osteuropa.
ISBN 3-9809264-6-X

Vorwort

Vertrauen ist gegenwärtig ein viel diskutiertes Konzept in der Analyse sozioökonomischer Systeme und insbesondere ökonomischer Interaktionsstrukturen. Gerade im Hinblick auf die Herausbildung von Netzwerken, d.h. beim kooperativen Zusammenwirken mehrerer Akteure, scheint gegenseitiges Vertrauen eine wichtige Rolle zu spielen. Diese Notwendigkeit zur Vertrauensbasierten Netzwerkbildung bezieht sich sowohl auf zwischenmenschliche Beziehungen im privaten Bereich als auch auf ökonomische Beziehungen als Antwort und Reaktion auf die fortschreitende Globalisierung. D.h., es laufen zwei gegenläufige Prozesse parallel ab: globale Vernetzung einerseits und andererseits die Herausbildung kleiner individueller und hochspezialisierter Netzwerke. Doch welche Position nimmt dabei der Faktor Vertrauen tatsächlich ein?

Diese Frage sollte im Rahmen der Tagung „Die Rolle des Vertrauens in der Unternehmensplanung und Regionalentwicklung“, die im Rahmen des forost-Forschungsprojekts am 17.12.2003 unter Federführung des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeografie, Prof. Dr. J. Maier ausgerichtet wurde, nachgegangen werden. Die sechs, in diesem Tagungsband publizierten und bei der Tagung vorgestellten Forschungsprojekte basieren auf teilweise sehr unterschiedlichen Zugängen zu dem Thema.

Drei der Projekte sind bereits abgeschlossen, drei weitere befanden sich zum Zeitpunkt der Tagung noch in der konzeptionellen Phase.

In dem Beitrag Schläger-Zirlik (Universität Bayreuth) wird der Zugang zur Vertrauensthematik aus wirtschaftsgeografischer Sicht diskutiert. Institutionen-ökonomisches und soziologisches Begriffsverständnis zur Vertrauensthematik werden hier im Konzept der embeddedness vereint. Konkret untersucht werden soll in zwei Untersuchungsräumen in Ungarn und der Tschechischen Republik, inwiefern sich – Vertrauensbasierte – regionale und unternehmerische Netzwerke im Zuge des Transformationsprozesses herausgebildet haben. Einer ganz ähnlichen Fragestellung geht Welter (Rheinisch-Westphälisches Wirtschaftsinstitut, Essen) nach, die die Ergebnisse ihrer vergleichenden Untersuchung von KMU-Kooperationen in Russland und Deutschland vorstellt.

Die Beiträge Roth/Spiritova (LMU, München) und BÜRGER (Universität Regensburg) zeigen, inwiefern Vertrauen in sozialen Netzwerken des Privatlebens in Transformationsgesellschaften (Spiritova) eine Rolle spielt und wie es – aus psychologischer Sicht – zu kulturell bedingten Problemen der Personalführung in deutsch-tschechischen Gemeinschaftsunternehmen kommen kann (Bürger).

Einen eher ökonomischen Blickwinkel haben die Beiträge von Kühlmann (Universität Bayreuth) und LO (Fraunhofer-Institut Karlsruhe). Am Beispiel mexikanisch-deutscher Unternehmenskooperationen zeigt Kühlmann, wie sich der Umgang mit Vertrauen und Kontrolle länderspezifisch unterscheidet. Lo thematisiert den Fragenkreis von Vertrauensqualitäten im Investmentbanking – konkret in temporären Netzwerken des Bereichs Mergers & Acquisitions Dienstleistungen.

Zusammenfassend ist offenbar ein komplexes Faktorensystem für Erfolg und Nichterfolg der Geschäftsbeziehungen und damit auch von Vertrauen innerhalb dieser Geschäftsbeziehungen, aber auch für die Qualität des Faktors Vertrauen selbst verantwortlich. Vertrauen ist nicht statisch, sondern ein sich im Zeitverlauf dynamisch wandelndes Element; gerade in Transformationsgesellschaften entwickelt Vertrauen möglicherweise im Zeitverlauf ganz unterschiedliche Qualitäten. Wenngleich die Beiträge in diesem Tagungsband sehr große Parallelitäten sowohl in den methodischen Vorgehensweisen als auch in der Hypothesenbildung beinhalten, werden doch die Unterschiede in der Annäherung an das Phänomen Vertrauen aus den einzelnen Disziplinen heraus deutlich, und dieser differenzierte Blick war auch das Ziel der Tagung.

Rainer Arnold
Regensburg, Mai 2004

Inhalt Friederike Welter: Vertrauen und Unternehmertum im Ost-West-Vergleich.

Patricia Schläger-Zirlik: Analyse und Bewertung regionaler Netzwerke in Westböhmen und Südungarn.

Klaus Roth, Marketa Spiritova: Die Rolle des Vertrauens, der Sozialbeziehungen und informellen Netzwerke in verschiedenen Transformationsländern.

Vivien Lo: Vertrauen in Dienstleistungsnetzwerken des Finanzsektors.

Julia Bürger: Kulturell bedingte Probleme der Personalführung in deutsch-tschechischen Gemeinschaftsunternehmen: die Rolle des Vertrauens.

Torsten M. Kühlmann: Vertrauen und Kontrolle in internationalen Unternehmenskooperationen.



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