Die Rolle von Vertrauen in Unternehmensplanung und Regionalentwicklung - ein interdisziplinärer Diskurs
Projekt 2.II.1: Vertrauen als Voraussetzung wirtschaftlicher und sozialer Integration
Herausgeber Jörg Maier
ISBN 3-9809781-0-9

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Zusammenfassung Die forost-Projektgruppe zum Bereich "Vertrauen als Voraussetzung wirtschaftlicher und sozialer Integration" veranstaltete unter Federführung von Prof. Jörg Maier (Lehrstuhls für Wirtschaftsgeographie und Regionalplanung an der Universität Bayreuth) im Juni 2004 an der Universität Bayreuth eine Tagung zum Thema "Die Rolle des Vertrauens in der sozial- und rechtswissenschaftlichen Forschung unter besonderer Betonung von Strukturen in Transformationsländern". Ziel der Tagung war die Fortführung der Diskussion um die Annäherung an das Phänomen Vertrauen aus den einzelnen Projekten bzw. Disziplinen heraus. Gleichzeitig sollte die Verzahnung der Einzelprojekte vorangetrieben werden, um der angestrebten Integration der verschiedenen Ansätze einen Schritt näher zu kommen. Die sechs in diesem Tagungsband publizierten und bei der Tagung vorgestellten Vorträge sind daher teilweise in engem Zusammenhang zu sehen mit der im Band 22 der forost-Arbeitspapiere veröffentlichen Beiträge.

In seinem einleitenden Beitrag fasst Jörg Maier die gegenwärtige Diskussion um das Vertrauenskonzept aus Sicht der Wirtschaftsgeographie zusammen und erläutert anhand konkreter empirischer Untersuchungen die Rolle und Bedeutung Vertrauens basierter Kooperationen und Netzwerkbildung für die regionale Entwicklung.

Den Bedeutungswandel sozialer Beziehungen, die in vielen Ländern des östlichen Europa zu sozialistischer Zeit nahezu überlebensnotwendig waren, stellt Klaus Roth in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Hier gibt es unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten, wie beispielsweise einerseits eine Rückbildung der informellen sozialen Netze, aber auch einen allmählichen Zuwachs an institutionellem bzw. anonymen Vertrauen. Indem Korruption, Klientelismus und Patronage zurückgehen, haben diese Entwicklungen einerseits positive Effekte; gleichzeitig nehmen dadurch aber auch einige positive Folgen enger Sozialbeziehungen ab, die für einzelne Gesellschaftsgruppen bisher unentbehrlich waren.

Neben einem Überblick über theoretische Ansätze zur Vertrauensthematik aus Psychologie und Soziologie diskutiert Alexander Thomas in seinem Beitrag unterschiedliche Modelle bezüglich der Entstehung und Entwicklung von Vertrauen. Daraus leitet er Hinweise ab, die im Kontext interkulturellen Handelns bzw. konkreter im Bereich internationaler Wirtschaftskooperationen von Interesse sein können.

Henning Nuissl (Universität Leipzig) präsentiert die Ergebnisse einer bereits abgeschlossenen Studie zur Frage von Kooperation und Vertrauen zwischen IT-Unternehmern in den Neuen Bundesländern und Polen. Die zwei Handlungstypen "Kooperationsoptimisten" und "Kooperationspessimisten" werden in Beziehung gesetzt zu den gesellschaftshistorischen Entwicklungen. Dargestellt werden vor allem die Erfahrungen, die von den befragten Unternehmern in den beiden Untersuchungsräumen bisher gesammelt wurden, was wiederum deutlichen Einfluss auf die zukünftige "Vertrauensneigung" und Kooperationsbereitschaft hat.

Eine spezielle Form von Netzwerken analysiert Barbara Dietz mit ihrer Untersuchung der Rekrutierungspraxis osteuropäischer Saisonarbeiter in Deutschland. Vertrauen ist im Migrationskontext ein wichtiges Element des sozialen Kapitals. Am konkreten Beispiel polnischer Saisonarbeiter werden die unterschiedlichen Facetten und die Rolle von Vertrauen bei der Rekrutierung der Arbeitskräfte analysiert.

Im Beitrag Schläger-Zirlik (Universität Bayreuth) werden erste empirische Ergebnisse zur Netzwerkbildung im Komitat Baranya und in Westböhmen vorgestellt. Untersucht wurde einerseits die Herausbildung regionaler Netzwerke, d.h. die Zusammenarbeit ver- Arbeitspapier 27 schiedener regionaler Institutionen untereinander aber auch Verknüpfungen mit der unternehmerischen Sphäre, und auch die Herausbildung von Unternehmensnetzwerken. Nach ersten Auswertungen verdichten sich die Hinweise aus den Expertengesprächen, dass es bisher noch nicht zu einer nennenswerten Netzwerkbildung im Sinne kooperativer Zusammenarbeit gekommen ist.

Der Beitrag von Rainer Arnold zeigt die wesensmäßige Verknüpfung von Vertrauen und Recht auf allen für ökonomische Tätigkeit relevanten Ebenen: der staatlichen, der durch Privat- und Öffentliches Recht bestimmten Ebene, der supranationalen Ebene des EG-Rechts und der Ebene des Koordinations geprägten Völkerrechts. Ohne Vertrauenssicherung in diesen Bereichen sind unternehmerische Freiheit und Rechtsstabilität als wesentliche Voraussetzung von Investitionen nicht denkbar.

Der thematische Überblick zeigt bereits die große Reichweite der aktuellen Diskussion in vielen wissenschaftlichen Disziplinen zur Vertrauensthematik. Was die Beiträge eint, ist der empirische Fokus auf Entwicklungen im östlichen Europa bzw. in postsozialistischen Gesellschaften. Die Wichtigkeit der Beschäftigung mit dem Vertrauenskonzept - wie sie ja auch im Gruppenthma "Vertrauen als Voraussetzung wirtschaftlicher und sozialer Integration" zum Ausdruck kommt - konnte im Rahmen der Tagung auf Neue bestätigt werden.

Ohne ein gewisses Maß an institutionellem Vertrauen wird der europäische Integrationsprozess, ohne spezielle Facetten institutionellen und personalen Vertrauens werden Länder übergreifende (Wirtschafts-)Kontakte nicht funktionieren. Die Disziplin übergreifende Betrachtungsweise, die eine multidimensionale Sichtweise des Phänomens ermöglicht, hat sich einmal mehr bewährt.

(Rainer Arnold, Januar 2005)

Inhalt

Klaus Roth: Soziale Netzwerke und Vertrauen in den Transformationsländern: Wandel der Formen und Funktionen. S. 7

Jörg Maier: Die Rolle des Vertrauens aus der Sicht der Regionalwissenschaften, insbesondere der Wirtschaftsgeographie. S. 13

Alexander Thomas: Vertrauen im interkulturellen Kontext aus Sicht der Psychologie. S.19

Henning Nuissl: Kooperation und Vertrauen zwischen IT-Unternehmern in den Neuen Bundesländern und Polen. S. 49.

Barbara Dietz: Transnationale Netzwerke und die Bedeutung von Vertrauen bei der Rekrutierung und Beschäftigung polnischer Saisonarbeiter in Deutschland. S. 67.

Patricia Schläger-Zirlik: Die Rolle des Vertrauens in der sozial- und rechtswissenschaftlichen Forschung unter besonderer Betonung von Strukturen in Transformationsländern. S. 79

Rainer Arnold: Recht und Vertrauen - einige grundsätzliche Überlegungen. S. 91



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