Minderheiten: Brücke oder Konfliktpotential im östlichen Europa
forost Arbeitspapier 8 (Okt. 2002)

Autoren Renée Fürst, Roland Marti, Boris Neusius, Andreas Schmidt-Schweizer, Gerhard Seewann, Eberhard Winkler
Projekt Tagung der forost-Projektgruppe III am 28. Juni 2002 in Regensburg.

Vorwort

Ethnischer Pluralismus ist immer dann negativ besetzt, wenn Homogenität idealisiert wird und im Zusammenhang mit der Nationalstaatsbildung nationale Identität über "ethnische Unterschiede" gefährdet erscheint. Unter solchen Bedingungen wird jede Minderheit zum Problem und zum Anlaß für Konflikte. Häufig allerdings sind solche Konflikte mehr an Wahrnehmungen und Ängste als an wirkliche Gefahren und Bedrohungen geknüpft: Auch Feindbilder können Identität schaffen und in dieser Hinsicht instrumentalisiert werden. Häufig stellen deshalb Mehrheiten die hauptverantwortlichen Akteure, weil sie die Definition der Rahmenbedingungen vorgeben.

Es gibt jedoch auch andere, bis in das Mittelalter zurückreichende Traditionen, innerhalb derer ethnische Vielfalt als kultureller Reichtum begriffen und genützt wird. Diese Auffassung sieht Mehrsprachigkeit als eine Vervielfachung der Kommunikationsmöglichkeiten und kann deshalb gerade Minderheiten als Träger von Mehrsprachigkeit, als Brücken der Verständigung wahrnehmen und sogar fördern.

Dieser Thematik war die Tagung der forost-Gruppe III "Nationale Identität, ethnischer Pluralismus und internationale Beziehungen" gewidmet, die am 28. Juni 2002 die Frage "Minderheiten: Brücke oder Konfliktpotential im östlichen Europa" diskutierte.

Der Diskurs blieb nicht auf die enge Kooperationsgruppe innerhalb des Forschungsverbundes beschränkt, die Teilnehmer und Beiträge sind vielmehr auch Ausdruck der externen Vernetzung der wissenschaftlichen Arbeit und geben damit ein Spektrum der internationalen Diskussion der Thematik wieder.

Die Beiträge der Tagung werden in überarbeiteter Form und unter Berücksichtigung der Diskussionen in diesem Arbeitspapier zusammengefaßt und abgestimmt vorgelegt.

Gerade in einem Zeitraum, in dem Europa seine Erweiterung vorbereitet und sich dem Minderheitenthema neu - anders als in Irrland, Südtirol und dem Baskenland - politisch und sozial zu stellen haben wird, sind die hier untersuchten Aspekte besonders aktuell. Die wissenschaftliche Begleitung und grenzüberschreitende Diskussion soll diesen Prozeß sowohl analysieren als auch konstruktiv begleiten. In diesem Sinn war die Tagung ein Beitrag sowohl zum interdisziplinären Diskurs wie auch zur politischen Analyse des Europäischen Integrationsprozeß.

Inhalt 1. Minderheitenkonflikte im Balkanraum (Gerhard Seewann)
2. Sprachpolitik in Bosnien und Hercegovina. Eine Aufforderung zur Diskussion. (Boris Neusius)
3. Ungarische Minderheiten, ungarisches Statusgesetz: Brücke oder neues Konfliktpotential? (Andreas Schmidt-Schweizer)
4. Gibt es noch Deutschsprachige als Brücke in Tschechien (Renée Christine Fürst)
5.) Die Sorben in Deutschland: ein Fenster zum slavischsprachigen Osten Europas (Roland Marti)
6) Die finnisch-ugrischen Minderheitensprachen der ehemaligen Sowjetunion (Eberhard Winkler)

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