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Der
nationalistische Diskurs ging und geht immer noch
davon aus, daß die nationale Sprache das
Wesensmerkmal der Kultur, der Nation darstellt,
daß sich in ihr die Seele, der Volksgeist, die
Identität der Nation ausdrücken. Und da diese
Identität als etwas Absolutes behandelt wird,
wird sie auch als etwas Heiliges, Wertvolles
betrachtet, das geschützt und in seiner Reinheit
belassen werden soll. Wenn nun die Nation als
monolinguale Sprachgemeinschaft verstanden wird,
dann können multilinguale Situationen nur als
Bedrohung der nationalen Identität, als etwas
Negatives, betrachtet werden. Welche Rolle spielt
die Sprache als identitätsstiftendem und
identitätsbewahrendem Faktor in mehrsprachigen
Länder? Welche Vorstellungen haben die Sprecher
und Sprecherinnen von ihrer eigenen Identität in
einem mehrsprachigem Milieu, wie z. B. Republik
Moldova ist, in dem sie vor einer wichtigen
Entscheidung, nämlich einer Sprachwahl: Wo mit
wem welche Sprache? Das Gebiet zwischen Pruth
und Dnjestr ist bereits zu Beginn des 19.
Jahrhunderts eine mehrsprachige Gesellschaft. Die
Sprachsituation war vor allem durch den mehr als
ein Jahrhundert währenden Einfluß Rußlands
geprägt. Russisch avancierte in allen Bereichen
der Verwaltung und des öffentlichen Lebens zur
dominanten Sprache und war sowohl für Moldauer,
als auch für die Minderheiten bis
1989 (mit Ausnahme der Zwischenkriegszeit)
die einzige Sprache des sozialen Aufstiegs, die
einzige Sprache der interethnischen
Kommunikation.
Die gemischtsprachigen Familien hatten
insbesondere in der Sowjetzeit eine besondere
Stellung. Sie waren für die Kommunistische
Partei, die insbesondere während der
Regierungszeit Brezhnev die Annäherung
und Verschmelzung der Nationen und
Nationalitäten anstrebte, ein Zeichen des Erfolgs
des Sozialismus und der Politik der
Internationalisierung.
Die im April 1985 von Gorbatschow deklarierte
"Perestrojka" führte in der
Sowjetunion zu einem spürbaren Wandel in der
Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und
den eigenen nationalen Werten. Die Kritik
an den Verhältnissen nahm nach 1989 in der
Republik Moldau massiv zu und bezog sich u.a.
auch auf das Problem der gemischtsprachigen
Familien. Welche Gründe gab es dafür?
In meinem Beitrag soll das Problem der
"Sprache und Identität" in
gemischtsprachigen Familien analysiert werden.
Das Ziel meines Vortrages ist, zu zeigen,
warum die Diskussion um die Problematik der
Identität sich in der Republik Moldau in der
letzten Zeit verstärkt hat.
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