Pressemeldung
fortrans.net nimmt die Arbeit auf
1. August 2005
Im August 2005 wird der neu gegründete geistes- und sozialwissenschaftliche Forschungsverbund "Transnationale Netzwerke – Geschäftserfolg von KMU durch interkulturelles Risikomanagement – (fortrans.net)" seine Arbeit aufnehmen.

Grenzüberschreitende transnationale Zusammenarbeit ist immer auch mit wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Risiken verbunden. Terroristische Anschläge, Aufrufe zum Produktboykott, Wechselkursschwankungen, Schmiergeldforderungen oder Verhandlungsmarathons sind nur einige – besonders offensichtliche – Beispiele. Aufbau und Pflege transnationaler Personen- oder Unternehmensnetzwerke gelten als wichtige Instrumente, um derartige Internationalisierungsrisiken kontrollieren zu können. Solche transnationalen Netzwerke stellen für die Partner aber nicht nur ein Instrument des Risikomanagements dar, sondern müssen paradoxerweise gleichzeitig als Quelle neuer Risiken angesehen werden. Trotz der getroffenen Vereinbarungen, miteinander zu kooperieren, verfügen alle Partner über einen eigenen Handlungsspielraum, den sie auch zum eigenen Vorteil (aus-) nutzen können. So besteht das Risiko, dass ein Kooperationspartner die eigenen Interessen über die gemeinsamen und ausgehandelten der Kooperation stellt.

Der Forschungsverbund fortrans.net wird sowohl den Beitrag transnationaler Netzwerke für das Risikomanagement wissenschaftlich analysieren wie auch Handlungsempfehlungen für die praktische Gestaltung von Netzwerken entwickeln. Der Forschungsverbund konzentriert sich in seinen Projekten auf das Risikomanagement und den Geschäftserfolg von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Diese sind bei einem Auslandsengagement den Risiken weitaus ungeschützter ausgesetzt als große Unternehmen. Die bayerische Wirtschaft ist aufgrund ihres hohen Mittelstandsanteils und ihrer intensiven Auslandbeziehungen besonders von diesen Entwicklungen betroffen. Würden “risikoreiche“ Länder oder Regionen aus den Internationalisierungsstrategien der Unternehmen ausgegrenzt, wäre eine Schwächung des bayerischen Mittelstands im internationalen Wettbewerb die Folge. Es geht deshalb darum, Strategien für den Umgang mit unterschiedlichen Risiken zu entwickeln.

Der Forschungsansatz geht in seinem Selbstverständnis über die traditionelle Netzwerkforschung hinaus, indem er die Untersuchung von Internationalisierungsrisiken einerseits und die Analyse von Risiken der Einbindung in Netzwerke andererseits zu kombinieren sucht. Im Ergebnis wird aus dieser Kombination ein neues Verständnis von Risikomanagement als interkulturelle Interaktion entwickelt.

Folgende Fragen stehen im Zentrum des Forschungsverbunds:

Wie und mit welchem Erfolg gehen Netzwerke mit den Risiken der Internationalisierung von KMU um?

Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen den Ebenen der persönlichen Beziehungen und der Unternehmensbeziehungen im Netzwerk?

Wie beeinflussen die Mechanismen, die sich im Netzwerk zur Kontrolle von Länderrisiken entwickeln, die Risiken, die aus der Zusammenarbeit in einem transnationalen Netzwerk entstehen? Wie verändern die Instrumente zur Bewältigung netzwerktypischer Risiken die Risiken der Internationalisierung?

Wo liegen die Grenzen transnationaler Netzwerke für das Risikomanagement im Internationalisierungsprozess von KMU?

Die Einzelprojekte untersuchen Netzwerke, in denen neben deutschen Partnern weitere europäische, amerikanische oder asiatische Partner integriert sind. Die Forschungsarbeiten sind von Anfang an aufeinander bezogen, um die Ergebnisse vergleichbar zu halten und möglichst breitflächige Aussagen und Empfehlungen machen zu können.

Bei der Bearbeitung dieser Themen orientiert sich der Forschungsverbund an folgende Leitlinien:

Methodenmix: Der methodische Ansatz des Forschungsverbundes ist die Feldforschung. Dafür kommen sowohl qualitative als auch quantitative Forschungsinstrumente in Frage. Die Auswahl bzw. Kombination der Instrumente wird so gewählt, dass der Untersuchungsgegenstand ganzheitlich erfasst werden kann.

Interdisziplinarität: Der Forschungsverbund setzt sich aus Vertretern der Betriebswirtschaftslehre, Ethnologie, Geographie und Psychologie zusammen. Die Kooperation über Fachgrenzen hinweg ermöglicht es, den Untersuchungsgegenstand aus verschiedenen Perspektiven und somit umfassend zu betrachten.

Bi-Perspektivität: Alle Projekte orientieren sich an dem Grundsatz, dass sowohl die deutsche Perspektive als auch die Sichtweise der ausländischen Netzwerkpartner erhoben und analysiert werden soll.

Vergleichbarkeit: Um die Frage nach der Generalisierbarkeit der Ergebnisse beantworten zu können, ist jedes Einzelprojekt gehalten, die untersuchten Netzwerke mit Hilfe eines im Verbund gemeinsam festzulegenden Bündels von Merkmalen zu beschreiben. Der Vergleich der gewonnenen Daten ermöglicht Aussagen darüber, ob die gefundenen Ergebnisse über Länder und Netzwerke hinweg generalisierbar sind.

Anwendungsorientierung: Die im Rahmen des Forschungsverbundes durchgeführten Studien verstehen sich in zweierlei Hinsicht als anwendungsorientiert: (1) Die Forschungsfragen spiegeln Probleme der (Netzwerk-) Praxis wider. (2) Die Ergebnisse der Forschungsbemühungen werden in Form von Gestaltungsvorschlägen, Bewertungen, Erklärungen und Prognosen wieder der Praxis zur Verfügung gestellt, um deren Aufgabenbewältigung zu verbessern.

Vier Bayerische Universitäten sind an diesem Forschungsverbund beteiligt: Forscher der Universitäten Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nürnberg und München bearbeiten insgesamt sechs Einzelprojekte. Die Geschäftsstelle des Forschungsverbundes hat ihren Sitz in München.

Der Forschungsverbund wird mit einem Fördervolumen von ca. 1 Million Euro finanziert. Die Laufzeit des Verbundes beträgt 3 Jahre. Die Einrichtung von Forschungsverbünden ist seit Jahren ein wichtiges Element der bayerischen Wissenschaftspolitik, um fach- und universitätsübergreifende Forschungen zu fördern. Einen Verbund der geistes- und sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung in dieser Größenordnung gibt es bisher nur in Bayern.

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