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Finnisch

Sprachperioden

Die finnische Sprachgeschichte kann man in folgende Perioden gliedern:

Altfinnische Periode (11. Jh.-ca. 1540)

Entscheidend für die politische und kulturelle Zukunft Finnlands war, dass das Land im 13. Jh. unter schwedische Herrschaft kam. Finnland wurde dadurch mit der westlichen Kirche und mit dem westeuropäischen Kulturkreis verbunden. Verwaltungs- und Kultursprache wurde Schwedisch, neben dem gemeineuropäischen Latein. Gegen Ende der Schwedenzeit verlor Finnisch sogar als Umgangssprache an Bedeutung, weil die Gebildeten und die städtischen Bürger vom Finnischen zum Schwedischen übergingen. Finnisch wurde schließlich nur noch von Landbewohnern und städtischen Dienstboten gesprochen.

Alte Schriftfinnische Periode (ca. 1540-ca. 1820)

Im 16. Jh. entsteht die finnische Schriftsprache im Zuge der lutherischen Reformation. Der finnische Reformator Mikael Agricola war gleichzeitig Begründer der Schriftsprache. Er übersetzte das Neue Testament, einen großen Teil des Alten Testaments und eine Reihe weiterer kirchlicher Bücher. Die vollständige finnische Bibel erschien Mitte des 17. Jhs. Insgesamt wurde während der Schwedenzeit relativ viel religiöse, aber nur sehr wenig andere Literatur auf Finnisch veröffentlicht. Die einzige kulturelle Institution, die sich der Sprache der Volksmehrheit bediente, war die lutherische Kirche. Im Jahr 1809 kam Finnland als autonomes Großfürstentum zu Russland. Dies hatte zwar keine direkten Auswirkungen auf die Stellung des Schwedischen als Verwaltungs- und Kultursprache, aber eine Reihe von Faktoren, auf die sich die vorherrschende Stellung des Schwedischen gründete, verlor an Einfluss. Fast zur selben Zeit erreichten die Strömungen der idealistischen Philosophie und der Romantik Finnland. Vom Kreise der jungen Akademiker ausgehend brach sich der Gedanke Bahn, die Nationalsprache Finnlands sei Finnisch und die finnische Sprache müsse eine entsprechende Stellung erhalten. Ziel war, den Gebrauch des Finnischen auf allen kulturellen Gebieten und auch in der Verwaltung durchzusetzen. Dieses Programm wurde von dem Philosophen und Journalisten J. V. Snellman, dem bedeutendsten nationalen Erwecker Finnlands, erfolgreich vertreten. Die Hauptpunkte des Programms wurden etwa bis 1870 verwirklicht. Eine äußerst große Bedeutung für die finnische Identität hatte das Nationalepos Kalevala, das von E. Lönnrot auf der Basis der Volksdichtung zusammengestellt und 1835 veröffentlicht wurde. Der erste bedeutende Schriftsteller finnischer Sprache A. Kivi veröffentlichte seine Werke schon in den 1860er Jahren.

Frühes Neufinnische Periode (ca. 1820-1880)

Die Sprache selbst musste jetzt modernisiert und entwickelt werden, um die Aufgaben einer Kultursprache erfüllen zu können. Als Mängel der alten religiösen Schriftsprache wurden u. a. die unpraktische Orthographie, der durch Übersetzungen entstandene fremde Satzbau und die lexikalische Armut angesehen. So gut wie jeder, der über nicht-religiöse Themen schreiben wollte, musste lexikalische Lücken füllen. Bei der Wortbildung wurde ziemlich puristisch vorgegangen: Die Bezeichnungen für Kulturbegriffe sollten aus eigensprachlichem Material gebildet werden. Die Erneuerer der Schriftsprache waren der Meinung, dass in den Dialekten die Ressourcen steckten, durch welche die Schriftsprache gereinigt und bereichert werden könnte. Am Anfang der Erneuerung wurde darüber gestritten, welcher Dialekt der beste sei. Die Auseinandersetzungen um meist lautliche und morphologische Fragen dauerten etwa drei Jahrzehnte (1820-1850). Diese Anfangsphase der Schriftsprachenreform wird in Finnland als „Kampf der Dialekte“ bezeichnet. In einigen grammatischen Fragen siegten die Ostdialekte, und auch ihr Beitrag zum Wortschatz wurde stark ausgebaut. Das Ergebnis kann als Kompromiss gesehen werden: eine Sprachform, die auf recht ausgeglichene Weise Züge beider Hauptdialekte aufweist und sich damit von keinem Dialekt scharf unterscheidet. Die Orthographie bekam ihre heutige, beinahe phonematische Form.

Neufinnische Periode (seit ca. 1880).

Ende des 19. Jhs. wurde Finnisch wieder Umgangssprache der Gebildeten. Durch die finnischsprachige Schule wurde eine neue Intelligenz herangezogen, und viele gebildete schwedischsprachige Familien wechselten in ihrer Umgangssprache ins Finnische. Weil Finnisch in der Verwaltung, im Kulturleben und in der Ausbildung in Gebrauch genommen war, entwickelte sich allmählich auch eine gesprochene Standardsprache, eine „Sprechsprache der Öffentlichkeit“. Sie entwickelte sich auf der Basis der Schriftsprache, ohne dass ihre Normen irgendwo präzisiert wurden. Ein lautlich und morphologisch schriftsprachliches Register wurde im öffentlichen Auftreten und in der Schule, später auch im Rundfunk vorausgesetzt. Zumindest die schwedischsprachigen Gebildeten, die Finnisch aus Büchern gelernt hatten, „sprachen Schriftsprache“ auch in ihrem Privatleben. Anfang des 20. Jhs. hatte ein schriftsprachliches Register auch sonst hohes Prestige und wurde in der Volksschule von der ersten Klasse an unterrichtet. Auch im 20. Jh. wurde öffentliche Sprachkritik von Einzelpersonen fortgesetzt, die von A. Ahlqvist Ende des 19. Jh. intensiv ausgeübt wurde. In der ersten Hälfte des 20. Jhs. war die Motivation der Kritik oft puristisch, in der zweiten Hälfte traten kommunikativ-funktionale Motivierungen in den Vordergrund. Das wichtigste Forum der Sprachkritik ist die Zeitschrift Virittäjä. Die bekanntesten Sprachkritiker der Mitte des 20. Jhs. sind E. Saarimaa und L. Hakulinen, in der zweiten Hälfte des Jhs. waren O. Ikola und T. Itkonen tätig.