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Polnisch

Allgemeines

Die polnische Sprachkultivierung umfasst ein breites Spektrum von Institutionen, Initiativen und Aktivitäten. Von Seiten der Sprachwissenschaft wird zwar nicht selten die Kritik geübt, alle Aktivitäten bezögen sich nur auf die Sprachrichtigkeit, ohne die kulturelle Funktion von Sprache oder Probleme wie z. B. die Wortethik zu berücksichtigen. Die gewählten Formen der Sprachkultivierung seien veraltet, zu traditionell und heutigen Kommunikationsbedürfnissen nicht angemessen. Auch werden die Einmischung in Sprachentwicklung überhaupt und insbesondere die Durchsetzungschancen gesetzlicher Regelungen diskutiert. Sogar unter Fachleuten mehren sich die Stimmen, die auf eine faktische Unwirksamkeit, ja Nutzlosigkeit des 1999 erlassenen Gesetzes hinweisen; speziell wird betont, dass die junge Generation eine lebendige, eigenständige und von gesetzlichen Normierungsversuchen unabhängige Sprachform entwickele – dieser Prozess wird als erfahrungsgemäß unvermeidbar und kaum kontrollierbar eingeschätzt.In jedem Fall jedoch tragen alle sprachpflegerischen Bemühungen zur Entwicklung und Standardisierung der Sprache und zur Stärkung der kulturellen Identität bei.

In der Diskussion um Normierung und Sprachkultur wird differenziert zwischen1a) einer gehobenen, offiziellen Sprache (z. B. Literatursprache) und1b) einer Hoch- oder Schriftsprache (z. B. Mediensprache) einerseits (język ogólnonarodowy),2a) einer für den privaten wie für den offiziellen Gebrauch geeigneten und 2b) einer nur im privaten Bereich verwendeten und deutlich von Regionalismen durchsetzten Umgangssprache (język potoczny) andererseits.Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs sind in erster Linie die Sprache der Medien und die der Politik Zielscheibe der Kritik, aber auch die Sprache der Jugend. Man betont ihre Defizite hinsichtlich des Vokabulars und der stilistischen Korrektheit und konstatiert ein unzureichendes Sprachgefühl bei der jungen Generation. Im Allgemeinen richten sich die Vorwürfe gegen Vulgarisierung, Armut des Vokabulars, Lässigkeit, Einfältigkeit, Aggressivität, Trivialisierung, Schematisierung der Sprache und in letzter Zeit besonders gegen den massiven, oft unkontrollierten Gebrauch von Fremdwörtern, in den 1990er Jahren hauptsächlich von Amerikanismen.Eine bemerkenswerte soziokulturelle Tatsache ist die negative Bewertung, ja Ablehnung der Dialekte als minderwertige Sprachvarianten. Im Zusammenhang mit solchermaßen geschürten Minderwertigkeitskomplexen von Dialektsprechern gegenüber Standardsprechern überrascht es nicht, dass die Eliminierung jeglicher dialektaler (d. h. „ländlicher“) Eigentümlichkeiten allgemein als wichtige Voraussetzung zur Erreichung eines befriedigenden Niveaus der Sprachbeherrschung angesehen wird; gerade die weniger Gebildeten sehen darin eine unentbehrliche Bedingung für einen eventuellen sozialen Aufstieg. Aus Ergebnissen von Befragungen lässt sich die besondere Bedeutung erkennen, die die Polen ihrer Hochsprache beimessen. Der Grad ihrer Beherrschung gilt als soziale Identifikation, als „Visitenkarte“ innerhalb der Gesellschaft. Solchen stark abwertenden Haltungen, die letztendlich zum Schwund der Mundarten führen könnten, treten manche Sprachwissenschaftler (u. a. J. Miodek) jedoch öffentlich entgegen.