projekt 2II.5
  Das Erbe des sozialistischen Alltags: soziale Netzwerke und soziales Vertrauen im Postsozialismus
Zeitraum 1.6.2003 bis 1.6.2005
Team Prof. Dr. Klaus Roth
Marketa Spiritova
Projektbeschreibung
Und was soll man noch erwarten, wenn bei uns die Beziehungen zwischen den Menschen immer das wichtigste im Leben gewesen sind?....

Was sind eigentlich unsere Privatfirmen? Sie sind alle nach dem Vertrauensprinzip gebaut... Ich kenne Firmen, die aus Mitgliedern von Laienchören bestehen, aus Berg-steigern...

(Interview mit Ogonjok, Spezialist für Organisationsentwicklung)

Enge persönliche Beziehungen und informelle soziale Netzwerke charakterisieren die Gesellschaften der postsozialistischen Länder Ost- und Südosteuropas. Nicht nur die kulturelle Tradition begründet dieses Phänomen. Die speziellen gesellschaftlichen Strukturen postsozialistischer Länder waren einerseits von Partei und Staat intendiert, andererseits sind sie die logische Konsequenz totalitärer Regime, die das soziale Leben in den privaten Bereich zurückdrängen.

Beziehungen und Netzwerke gewähren dem Einzelnen Sicherheit und Lebenshilfe, sie stellen aber gleichzeitig einen Nährboden für Korruption, Bestechung, mafiotische Strukturen und Klientelismus dar. Das Nachwirken des „sozialistischen Habitus“ scheint in den Ländern Ost- und Südosteuropas die Ursache für den schleppenden Verlauf der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Transformation zu sein.

Das Projekt „Das Erbe des sozialistischen Alltags: Soziale Netzwerke und soziales Vertrauen im Postsozialismus“ will sowohl die Praktiken und Strategien des Alltagslebens im städtischen Milieu ehemals sozialistischer Länder als auch deren Nachwirken vergleichend erheben und analysieren: Wie gehen die Menschen mit der „sozialistischen Lebensweise“ um? Welche Strukturen und Funktionen haben soziale Netz-werke? Welche Bedeutung ergibt sich hieraus für die Gegenwart? Die Fragestellungen zielen dabei nicht nur auf die zentrale Rolle der informellen Sozialbeziehungen und Netzwerke, sondern berücksichtigen auch die Einübung von Praktiken und Strategien der „Pflege“ der Beziehungen und Netzwerke durch den Einzelnen.

Die Untersuchungen konzentrieren sich auf die Länder Bulgarien, Serbien, Slowakei, Tschechische Republik, Polen, Estland und Russland. Reputierte Fachkollegen aus den jeweiligen Ländern arbeiten und forschen vor Ort. Ein Vergleich von Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Länder ermöglicht nicht nur wissen-schaftsrelevante Erkenntnisse, sondern fördert gleichzeitig gemeinsame Diskussionen und den Transfer von Know-How.

   
 

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