projekt 331
  Technologische Konvergenz durch Integration? Die Bedeutung der Produktvielfalt für den technischen Fortschritt
Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2007
Team Joachim Möller
Richard Frensch
Fragestellung Das Projekt soll aufzeigen, ob bzw. inwieweit Integrationsprozesse einen Technologieschub im Erweiterungsraum der EU und angrenzenden Gebieten bewirken, der zu einer technologischen Konvergenz führt.

In Analogie zur Einkommenskonvergenz wird technologische Konvergenz dabei als Annäherung der technologisch schwächeren Länder an die stärkeren verstanden. Technologieschübe und etwaige technologische Konvergenzen sind eng mit der Frage nach Einkommenskonvergenzen und -divergenzen verknüpft, da sich der größte Teil der internationalen Variation im Pro-Kopf Einkommen durch Produktivitätsdifferenzen erklären lässt. Der Technologie der Produktion kommt wiederum eine Schlüsselrolle bei der Bestimmung von Produktivität zu. Entsprechend ist technischer Fortschritt die Basis wirtschaftlichen Wachstums und bildet technologische Konvergenz die Grundlage einer Einkommenskonvergenz in der erweiterten EU und ihren angrenzenden Gebieten.

Neuere Theorien des Wirtschaftswachstums interpretieren Technologie, im ursprünglichen Sinne von Adam Smith, als Tiefe der Arbeitsteilung und operationalisieren sie als die Vielfalt der insgesamt zur Verfügung stehenden intermediären Kapitalgüter. Während technischer Fortschritt bisher in empirischen Studien noch immer zumeist indirekt durch Produktivitätsmaße beschrieben wird, soll dieses Technologiekonzept die Grundlage der Projektarbeit bilden. Um die formulierte Zielsetzung zu erreichen soll das Projekt:

1. neue Ansätze zur direkten Messung technischen Fortschritts durch Maße der Gütervielfalt entwickeln und testen;

2. einen Beitrag zur Theorie der Bestimmungsgründe des technischen Fortschritts und einer möglichen technologischen Konvergenz leisten;

3. den theoretischen Erklärungsbeitrag empirisch mit Hilfe der entwickelten Maße der Gütervielfalt zur direkten Messung technischen Wissens überprüfen;

4. auf der Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse konkrete integrationspolitische Handlungsempfehlungen zur Durchsetzung bzw. Beschleunigung einer technologischen Konvergenz in der erweiterten EU und ihren angrenzenden Gebieten abgeben.

In theoretischer Hinsicht erfordert das Projekt die Ausarbeitung von Hypothesen zur zeitlichen Entwicklung technologischer Zustände unter besonderer Berücksichtigung der institutionellen Ausgestaltung und Ausgangsbedingungen der Volkswirtschaften im Erweiterungsraum der EU und angrenzenden Gebieten. Ein dazu vorliegender erster Ansatz des Bearbeiters beschreibt eine bedingte Konvergenz der durch Gütervielfalt beschriebenen genutzten Technologien in einem einfachen Wachstumsmodell als abhängig vom technologischen Ausgangsniveau, dem vorhandenen Humankapital in Form des Bildungsstandes der Arbeitskräfte und institutionellen Wettbewerbsbedingungen.

Die empirische Überprüfung der theoretisch abzuleitenden Hypothesen soll mittels der aus der Forschung zur Einkommenskonvergenz bekannten Schätzmethoden erfolgen. Für Messzwecke steht eine vom Bearbeiter, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE, Genf) auf der Grundlage der ComTrade-Außenhandelsdaten-bank der UN 62 Statistics Division in den letzen Monaten entwickelte Datenbasis zur Verfügung. Die Länderzusammenstellung dieser Datenbasis erlaubt insbesondere eingehende Vergleiche zwischen mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften und OECD-Ländern. Vorläufige Ergebnisse deuten bereits an, dass sich einfache Maße der Produktvielfalt tatsächlich "wie Technologie" und auch im Sinne einer bedingten Konvergenz verhalten. Die theoretischen und empirischen Projektergebnisse sollen abschließend auf die Frage nach einer möglichen technologischen Konvergenz im Erweiterungsraum der EU übertragen werden. Dies erfordert Aussagen zur Auswirkung der EU-Integration auf die zuvor theoretisch abgeleiteten und empirisch getesteten Bestimmungsgrößen der Entwicklung technologischer Zustände. Insbesondere gilt das a priori für verschiedene Aspekte des Humankapital, etwa den Bildungsstand und die Erfahrung der Arbeitskräfte und für verschiedene institutionelle Ausgestaltungen von Volkswirtschaften.

Die daraus ableitbaren wirtschaftspolitischen Implikationen betreffen v.a. Möglichkeiten, durch aktive Integrationspolitiken die Fähigkeit zur Implementierung neuer Technologien einer Volkswirtschaft zu erhöhen. Da auf dem Gebiet der Anwendung außenhandelsbasierter Technologiemaße, v.a. aufgrund der hohen Marktzutrittsbarrieren der Erarbeitung einer brauchbaren Datenbasis, bisher nur eine Handvoll Arbeiten vorliegen, kann dieses Projekt dazu beitragen, die erheblichen Forschungslücken zu den folgenden ausgewählten Leitfragen zu schließen:

Wie nützlich sind außenhandelsbasierte Maße von Produktvielfalt als direkte Maße genutzter Technologie? Sind sie insbesondere geeigneter als die üblichen indirekten Produktivitätsmaße? Gilt dies u.U. besonders für den Erweiterungsraum der EU und angrenzende Gebiete? Welche Einflussfaktoren bestimmen technischen Fortschritt? Welche Rolle spielen verschiedene Formen der (Aus-)Bildung, Arbeitserfahrung, Forschung und Technologie und Ausgangsbedingungen für den direkt gemessenen technischen Fortschritt in der erweiterten EU und ihrer Nachbarregion? Sind auch institutionelle Phänomene signifikant? Spielen Besonderheiten der ehemals sozialistischen Länder im Erweiterungsraum der EU auch nach der Transformationsphase eine Rolle? Unter welchen Bedingungen kommt es zu einer technologischen Konvergenz? Kann die europäische Integration, und insbesondere eine aktive Integrationspolitik, Einfluss darauf nehmen?

   
 

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