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Samisch

Kodifikationsgeschichte

Vom 19. Jh. bis in die jüngste Zeit hinein wurden Grammatiken und Wörterbücher primär zu wissenschaftlichen Zwecken, nicht für den muttersprachlichen Benutzer verfasst. Allgemein gültige Referenzwerke gibt es nicht, einerseits wegen der dialektalen Zergliederung (es gibt keine einheitliche Schriftsprache), andererseits aufgrund nationalstaatlicher Eigeninitiativen.

Die Lexik ist relativ gut erfasst, aber es gibt weder für das Gesamtsamische noch für alle wesentlichen Dialekte eine einheitliche Grammatik.

Auf dem Gebiet des Nordsamischen, das nicht nur mit Abstand über die größte Sprecherzahl verfügt, sondern auch das weiteste, sich über drei Länder erstreckende Sprachgebiet aufweist, kann man erst gegen Ende des 19. Jhs. von einer längerfristig gültigen Orthographie sprechen, die von dem Osloer Professor J. A. Friis erstellt und in dem zu dieser Zeit anwachsenden Schrifttum eingesetzt wurde und die gelegentlich bis in jüngere Zeit Verwendung fand. Da sie sich als ungenau und inkonsequent erwies, entwickelte der norwegische Lappologe K. Nielsen zu Beginn des 20. Jhs. eine auch wissenschaftlichen Maßstäben gerechte Normierung, die er in seinem bis heute umfangreichsten Wörterbuch sowie seiner ebenfalls weiterhin gültigen Grammatik und einem Lehrbuch zugrunde legte; sie gilt bis heute in wissenschaftlichen Kreisen als maßgebend, da sie die Verhältnisse in historischer wie struktureller Hinsicht wiedergibt. Für den muttersprachlichen Einsatz erwies sie sich wegen ihrer Abstraktheit für wenig geeignet. Sowohl die Orthographie von Friis als auch die von Nielsen basieren auf der konservativen östlichen Mundart des Nordsamischen.

Wegen der erwähnten Nachteile beider Normierungen wurden in Finnland ab den 1930er Jahren, in Schweden und Norwegen ab den 1940er Jahren neue Orthographien verwendet, die jeweils orthographische Züge der Landessprache aufwiesen und auch unterschiedliche Mundarten zugrunde legten (die östliche in Finnland, die westliche Ausformung in Norwegen und Schweden); beide hatten zum Ziel, die Schrift näher an die Aussprache heranzuführen. Die von K. Bergsland und I. Ruong entwickelte norwegisch-schwedische Orthographie erhielt einen offiziellen Status, die von P. Ravila erstellte und von E. Itkonen modifizierte finnische Rechtschreibung eine quasi offizielle Stellung, da man sich ihrer konsequent bis in die 1970er Jahre hinein bediente. Zur Überwindung dieser nationalen Eigengänge, die der Sache der Samen schadete, gründete 1971 die Samenkonferenz eine Sprachkommission (SÁMEGIELLALÁVDEGODDI), deren Orthographievorschlag - ein Kompromiss zwischen den nationalen Ausformungen - 1978 allgemein anerkannt und für verbindlich erklärt wurde. Diese 1983 nochmals leicht modifizierte Notation stellt die bis heute gültige Orthographie des Nordsamischen dar. Wie alle ihre Vorgänger fußt sie auf der Lateinschrift, versehen mit einigen Diakritika, Sonderzeichen und Buchstabenkombinationen.

Für folgende Dialekte gibt es ebenfalls eine offizielle Orthographie: Südsamisch (seit 1974 bzw. 1978), Lulesamisch (seit 1983), Inarisamisch, Skoltsamisch und Kildinsamisch (seit 1995; hier schon zwischen 1931 und 1937 ein staatlich geförderter Versuch, eine Orthographie auf Basis der Lateinschrift zu schaffen); mit Ausnahme des Kildinsamischen (kyrillisch) ist die Lateinschrift die Basis, mit wenigen Sonderzeichen und Diakritika versehen. Bei diesen liegt das Hauptproblem darin, dass sie nur über eine geringe Zahl an potentiellen Benutzern verfügen, von denen viele ihrer gar nicht oder nur mangelhaft kundig sind (da Unterricht auf und in Samisch erst in jüngster Zeit eingerichtet wurde), und dass auch einschlägige Medien (Bücher, Zeitungen u. a.) nur in geringem Umfang existieren; dabei artikulieren sich diese (vor allem Zeitungen) überwiegend in der Landessprache; auch ist die Rezeption von (vor allem literarischem) Schrifttum auf Samisch schwach. Folglich klafft eine Lücke zwischen dem akademisch Gebildeten oder im Umkreis einschlägiger Institutionen Tätigen, die sich von Berufswegen mit Sprache beschäftigen, und den einfachen Sprachbenutzern.