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Mari

Allgemeines

Kennzeichnend für das Volk der Mari ist zum Ersten, dass es zweisprachig ist (russisch-mari). Diese Zweisprachigkeit ist eine Notwendigkeit, da bestimmte Bereiche (Administration, Ökonomie, Bildungswesen) ausschließlich auf Russisch arbeiten. Sie hat aber auch sprachliche Gründe: Eine entsprechende Terminologie für alle wesentlichen Bereiche existiert (noch) nicht oder ist in der Entwicklung. Eng damit zusammen hängt ein zweiter Faktor, nämlich die Bewertung der Muttersprache durch ihre Sprecher: Die Einschätzung, dass sie außerhalb der traditionellen Bereiche (Landwirtschaft, bäuerliches Leben, ggf. Kult, traditionelles Handwerk) zu nichts nütze sei, kann sich bis in die 1990er Jahre hinein auf die Einsicht in die tatsächlichen Verhältnisse stützen (ist also zum Teil unabhängig von psychologischen Faktoren): Für entwickeltere Lebensbereiche fehlten einfach die notwendigen Ausdrucksmöglichkeiten. Zudem gilt staatlicherseits die Hinwendung zur nationalen Kultur und ihrer Sprache als reaktionär und rückwärts gewandt, wird von russischer Seite auf den Gebrauch der Nationalsprachen im Alltag abfällig reagiert. Ob das Sprachgesetz (in seiner Vagheit) diese Haltung umkehren kann, ist noch nicht zu erkennen; dass das Mari offiziell auf eine Stufe mit dem Russischen gestellt sind, wird allerdings als Prestigeerfolg verbucht. Ob aber die Umsetzung der sprachplanerischen und -kultivierenden Arbeit, die erst eine wirkliche Gleichstellung gewährleisten kann, tatsächlich von der Sprachgemeinschaft angenommen wird, ist abzuwarten. Ein dritter Faktor wirkt sich in diesem Prozess negativ aus, nämlich die Aufteilung der Sprachgemeinschaft in zwei Gruppen. Wie die Komi, konnten auch die Mari die Einheit der Schriftsprache nicht bewahren. Während aber im Falle der Komi die beiden Sprachgruppen administrativ geschieden sind, ist dies bei den Maris nicht der Fall, sie leben innerhalb der Republik, sind Gegenstand einer einzigen Gesetzgebung. Im Hinblick auf Bestrebungen, den Status der Nation und der Sprache in ihrer Republik durch eine Zusammenführung der beiden Schriftsprachen zu verbessern und als eine Einheit gegen die Übermacht des Russischen auftreten zu können, gibt es auf Seiten des (vermeintlich oder wirklich) schwächeren Bevölkerungsteils massive Ängste, im Zuge solcher Unterfangen die eigene Identität zu verlieren.

Die in dem Sprachgesetz formulierte Gleichstellung der Nationalsprache mit dem Russischen verlangt auch von der russischsprachigen Bevölkerung, sich in einem bestimmten Umfang mit dem Mari vertraut zu machen (so in den Vorschuleinrichtungen, in denen Mari auch russischen Kindern vermittelt wird); diese ist aber in allen Teilen des Reiches traditionell monolingual. In dieser Hinsicht scheint das Erreichen des Zieles besonders ungewiss.