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Mordwinisch

Kodifikationsgeschichte

Im Jahre 1868 wurde die Kazańer Übersetzungskommission der Russisch-Orthodoxen Missionsgesellschaft gegründet, um einschlägiges Textgut in die Sprachen der Wolgaregion zu übersetzen und zu publizieren; das Mordwinische blieb dabei zuerst unberücksichtigt, da die Mordwinen als vollständig russifiziert galten.

Eine Wende trat etwas später ein und ist mit dem Namen N. I. Il´minskij ( Leiter der Übersetzungskommission) verbunden, der den Übersetzungsbann gegenüber dem Mordwinischen brach und für diese Sprache eine eigene Abteilung innerhalb der Kazańer Übersetzungskommission organisierte. Damit sie ihre Arbeit im entsprechenden Umfang aufnehmen konnte, mussten erst in großem Umfang Vorarbeiten geleistet werden. Dazu zog Il´minskij schreib- und lesekundige Mordwinen heran und bildete sie in seinen von ihm gegründeten Eingeborenenschulen aus. Praktisch alle großen Mordwinen in dieser Phase der nationalen Wiedergeburt, des Erwachens bzw. Bewusstwerdens eigener Kultur gingen aus seinem Kreis hervor, der nicht nur die Übersetzung religiöser Texte vorantrieb, sondern z. B. auch Folkloresammlungen und Schulbücher veröffentlichte. Auch wenn die Instruktionssprache in diesem Kontext Russisch und die Zielrichtung eine religiöse war, so gebührt Il´minskij das Verdienst, das Mordwinische wieder in den Kreis der zu schützenden und weiterzuentwickelnden Sprachen aufgenommen und eine mordwinische Elite herangezogen zu haben, die in der Folgezeit, besonders nach der Oktoberrevolution daran ging, eine Literatursprache zu schaffen, eine mordwinische Presse ins Leben zu rufen, eine eigene nationale Literatur zu fördern und den muttersprachlichen Schulunterricht zu organisieren. Der Beginn der mordwinischen Schönliteratur wird auf den Beginn des 20. Jhs. datiert.

Nach 1917 waren die Beseitigung des Analphabetentums und die bewusste Schaffung von Schriftsprachen und ihre Normierung die wichtigsten Aufgaben. Am Anfang der Bemühungen um eine mordwinische Schriftsprache in den 1920er Jahren gab es nicht nur Überlegungen, zur Lateinschrift überzugehen, um sichtbar den russischen Einfluss zurückzudrängen, sondern auch Bestrebungen, eine für Erza und Mokša einheitliche Schriftsprache zu entwickeln (mit dem Hintergedanken, damit das nationale Gewicht zu stärken). Aber die dabei (sprachlich wie politisch) zu gewärtigenden Probleme, die Abneigung nicht weniger mordwinischer Intellektueller gegen ein solches artifizielles Gebilde sowie dann etwas später die offizielle sowjetische Politik (divide et impera) führten zu Ausbildung zweier Schriftsprachen. Aber auch diese Lösung bereitete Probleme, da sich die Frage nach der sprachlichen Grundlage stellte und man sich erst mittels linguistischer Expeditionen über die Mundartverhältnisse Klarheit verschaffen musste. Für das Erza wurde die ursprünglich bestimmte Mundart (die sog. Ardatov-Alatyr-Mundart) 1928 offiziell durch die von Kozlovska (eine der zentralen Mundarten) ersetzt; die mokšanische Schriftsprache folgte 1933 mit der Wahl ebenfalls einer Mundart ihres zentralen Gebietes (Krasnoslobodsk) nach.