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Albanisch

Kodifikationsgeschichte

Ernste Bemühungen um die Kodifikation der Schriftsprache zeichnen sich in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. bei albanischen Gelehrten ab, die die kulturelle Bewegung Rilindja Kombëtare Shqiptare (Albanische Nationale Wiedergeburt) leiten (Kristoforidhi 1882; Frashëri 1886). Dabei wurden die Dialektgrenzen bewahrt.Seit der zweiten Hälfte des 19. Jhs. wird auch die historische Entwicklung des lautlichen und grammatischen Systems der albanischen Sprache erforscht.

Die Bemühungen zur Kodifizierung und Modernisierung der Schriftsprache nehmen in den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jhs. und Anfang des 20. Jhs. im Rahmen der „Wiedergeburtsbewegung“ eine neue Dimension an. So wurde 1879 in Istanbul die Shoqëria e të Shtypurit Shkronja Shqip (Gesellschaft für den Druck der albanischen Bücher) gegründet, die sich später mit mehreren Filialen in einige Kulturzentren außerhalb des geschlossenen albanischen Siedlungsraums ausdehnte. Sie entwarf ein neues Alphabet auf der Grundlage der lateinischen Schrift mit zusätzlichen griechischen und kyrillischen Buchstaben für albanische Laute, die im lateinischen Alphabet keine genauen Entsprechungen hatten. Trotz dieser Bemühungen konnte bis zur Gründung des unabhängigen Staates Albanien weder ein einheitliches Alphabet noch eine einheitliche Schriftsprache etabliert werden.

In Bezug auf die Alphabetfrage markiert der Kongresi i Manasirit (Bitola 14.-20. November 1908) eine Wende. Auf diesem Kongress wurde neben dem modifizierten Istanbuler Alphabet noch ein neues lateinisches eingeführt (Alfabeti i Manastirit), das für die albanischen Sonderlaute um zwei Buchstaben mit diakritischen Zeichen (ç, ë) und um neun Buchstabenkombinationen (dh, gj, ll, nj, rr, sh, th, xh, zh) erweitert ist. Das neue Alphabet setzte sich bald aufgrund der praktischen Vorteile durch und gilt heute als das einzige und allgemeine albanische Alphabet.Größere Schwierigkeiten zeigten sich in der nächsten Phase der Sprachkultivierung in Bezug auf die Verständigung auf eine verbindliche Sprachnorm, die für die Zwecke von Verwaltung und Ausbildung unabdingbar wurde. Die Beschlüsse der Komisia Letrare e Shkodrës (Literarische Kommission von Shkodra, 1916-1917), die südgegische Dialektvariante der Stadt Elbasan als schriftsprachliche Norm aufzunehmen, konnten trotz ihrer Bestätigung auf dem Kongresi i Lushnjës (Lushnja 1920) nur kurzfristig und nur in einigen Bereichen des öffentlichen Lebens in Kraft treten. Ansonsten wurde die Dialektliteratur von bedeutenden Schriftstellern weiter gepflegt.

Die Grundlage für die bis heute gültige schriftsprachliche Norm wurde Ende der 1940er Jahre nach dem Entwurf einer neuen Orthographie der albanischen Sprache (Tirana 1948, 1949) vorbereitet. Die Neuorganisierung des sozialpolitischen Lebens unter dem kommunistischen Regime entschied praktisch die Richtlinien der Sprachpolitik, sie bestimmte das weitere Schicksal der Sprachkodifikation. So wurde 1950 Toskisch per Dekret als Amtssprache eingeführt, während die schriftsprachliche Variante des Südgegischen als Unterrichts- und Literatursprache im Norden des Landes erhalten bleiben durfte. Es war ein vorläufiger Beschluss, da längerfristig eine Rechtschreibreform mit dem Ziel eines gut durchdachten Dialektausgleichs als Basis für die einheitliche Sprachnorm vorgenommen werden sollte. Auseinandersetzungen um meist lautliche und morphologische Fragen dauerten mehr als zwei Jahrzehnte (Tirana 1952, 1953, 1956, 1967). Der von der Komisioni i Drejtshkrimit (Orthographie-Kommission) 1967 in Tirana veröffentlichte Entwurf der orthographischen Regeln fand unter den Sprachpflegern im Kosovo (Konsulta Gjuhësore e Prishtinës/Sprachkonferenz von Pristhina 1968) Zustimmung, die bisher die südgegische Schriftvariante als Unterrichts- und Literatursprache gepflegt und 1964 eine eigene Orthographie auf der Basis der südgegischen Schriftsprache entworfen hatten. Unter der Devise „Eine Sprache – eine Nation“ ergriffen sie die Initiative, eine vereinheitliche Schriftsprache in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft in Tirana auszuarbeiten. Eine gemischte Kommission legte auf dem Kongresi i Drejtshkrimit (Tirana 1972) die Regeln der neuen Rechtschreibung fest, die als Kompromiss zwischen den beiden Dialekten betrachtet wurde. Die Sprachnorm erhielt in der phonematischen und grammatischen Form fast ausschließlich nordtoskische Züge, während der Wortschatz zugunsten der gegischen Mundarten stark ausgebaut wurde. Da es sich hier um eine Sprachreform handelte, die unter der Obhut der Sprachpolitik des sozialistischen Albaniens stattfand und offenbar die jahrhundertelange schriftliche Tradition der nördlichen Dialektliteratur wenig beachtete, haben dagegen vor allem die albanischen Kulturkreise des politischen Exils Widerstand geleistet.