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Türkeitürkisch

Sprachperioden

Alt-anatolisch-türkische Periode (11.-15. Jh.)

Die vorosmanische Entwicklungsstufe, Alt-Anatolisch-Türkisch (Eski Anadolu Türkçesi), geht auf Varietäten ogusischer Gruppen zurück, die nach dem Sieg der Seldschuken über Byzanz bei Manzikert im Jahr 1071 in größerer Zahl nach Kleinasien einwanderten. Die Dichtersprache weist in der ersten Phase noch viele Elemente aus den östlichen türkischen Literatursprachen auf. In den Kleinstaaten, die nach dem Zerfall der seldschukischen Zentralmacht im 14. Jh. entstanden, entwickelte sich das Türkeitürkische schnell als Literatur- und Verwaltungssprache.

Osmanische Periode (15.-20. Jh.)

Diese Periode gliedert sich in alt-, mittel- und spätosmanische Perioden.

Altosmanische Periode

Der Aufstieg der Osmanen im 15. Jh. wurde von der Entfaltung einer türkischen Staatssprache, Osmanisch (lisān-i ‘osmānīyye, Osmanlıca), begleitet. Sie entstand aus einem der anatolisch-türkischen Dialekte und ihr funktioneller Ausbau erfolgte mit einem arabisch-persischen Wortschatz, um den neuen kulturellen und administrativen Erfordernissen genügen zu können. Mit der Festigung der osmanischen Macht wurde die neue Staatssprache verbindlich.

Mittelosmanische Periode (vom 16. bis zum 18. Jh.)

Das Osmanische erlangte überregionale und übernationale Gültigkeit als gesprochene und auch geschriebene Standardvarietät. Ein erheblicher Ausbau seiner Funktionen, vor allem für wissenschaftliches und administratives Schrifttum, fand statt, wobei zahlreiche Elemente aus den Prestigesprachen Arabisch und Neupersisch kopiert wurden. Eine formelle Kodifikation des Osmanischen im Sinne eines vollständigen Regelwerks erfolgte dagegen nicht. Nur für die arabisch-persischen Elemente wurden Kodexteile erarbeitet, die Norminhalte in Bezug auf Graphie, Aussprache, Grammatik und Wortschatz formulierten. Für das genuin türkische Element wurden keine präskriptiven Regeln aufgestellt.Die Folge des Ausbaus und der Entfaltung der Schriftsprache war eine Enttürkisierung, die mit der wachsenden Macht des Reichs immer weiter fortschritt. Die Hochsprache entfernte sich beträchtlich von den gesprochenen Varietäten und war nur den Arabisch- und Persischkundigen verständlich. Zwischen diesem „korrekten Türkisch“ (fasih türkče) und dem „gemeinen Türkisch“ (qaba türkče) rechneten die einheimischen Stiltheoretiker auch mit einer „mittleren“ Varietät (orta türkče), deren Basis die gebildete Istanbuler Sprechweise war. Hieraus entwickelte sich eine wenig formelle Gemeinsprache, die als sprechsprachliche Norm früh auch einen starken überregionalen Einfluss ausübte. Diese nicht kodifizierte Sprechvarietät ist schlecht dokumentiert, da die bewahrten Sprachdenkmäler meist nur das Hochosmanische widerspiegeln.

Spätosmanische Periode (Beginn im 19. Jh.)

Diese Periode ist von starken Tendenzen zur Europäisierung geprägt. Die gilt insbesondere für die 1839 beginnende Reformperiode, die sog. Tanzimat-Zeit. Zu den Erfordernissen der neuen Epoche gehörte u. a. eine Modernisierung der Sprache, die in der Lage sein sollte, auch neue westliche Begriffe auszudrücken. Allmählich wurde eine Reformarbeit eingeleitet, die schließlich zu einer Standardverschiebung führte. Gemäßigte Sprachreformer empfahlen, die gebildete Istanbuler Gemeinsprache zur Schriftsprache zu erheben. Reflexe davon finden sich in der modernen Prosaliteratur, die in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. entstand. Die „mittlere“ Varietät sollte als Grundlage der weiteren Entwicklung der Standardsprache dienen. Auch die Syntax der Schriftsprache veränderte sich grundlegend, vor allem unter dem Einfluss des literarischen Französisch. Mit dem sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jhs. entwickelnden Nationalismus gewannen auch die Sprachreformbestrebungen an Stärke.

Republikanische Periode (seit der Entstehung der Republik Türkei im Jahr 1923)

Der Osmanismus wurde zugunsten eines laizistischen Nationalismus aufgegeben und die Europäisierung wurde weiter vorangetrieben. Die unter Mustafa Kemal Atatürk intensivierte Sprachreformarbeit richtete sich vor allem gegen die arabischen und persischen Elemente, welche die alte orientalische Kulturtradition repräsentierten. 1928 wurde die arabische Schrift durch das Lateinalphabet ersetzt. Anfang der 1930er Jahre wurde eine umfassende Reformarbeit eingeleitet, die eine Purifizierung (tasfiye) zum Ziel hatte und die schließlich zur radikalen Umgestaltung der Gemeinsprache führte.