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Tschechisch

Kodifikationsgeschichte

Bemühungen um Vereinheitlichung des tschechischen Kulturstandards sind im 16. Jh. im Zusammenhang mit der Reformation und der Sonderstellung des Tschechischen als erste Landessprache zu verzeichnen; als kodifizierte Sprache kann das Tschechische allerdings erst seit dem 19. Jh. gelten.

In den 40er Jahren des 19. Jhs. nahm das Tschechische in der Orthographie die heutige Form an. Der lexikalische Bereich wurde von J. Jungmann und seinen Mitstreitern gezielt gestärkt durch: Belebung vergessener alttschechischer Wörter, Entlehnungen aus (Dialekten und) slawischen Sprachen (vor allem Polnisch, Russisch), bewusste Derivationen und Lehnübersetzungen. In diesen Kontext ist auch die Entstehung der modernen Terminologien zu stellen. Ihren Höhepunkt erreichen Jungmanns Bemühungen im fünfbändigen tschechisch-deutschen Wörterbuch Slovník česko-německý (1835-1839) mit etwa 120 000 Einträgen. Das Deutsch-böhmische Wörterbuch von J. F. Šumavský ist 1844-1846 erschienen. Das Tschechische darf seit den 40er Jahren des 19. Jhs. als in allen Funktionen vollwertig angesehen werden.

1902 gibt J. Gebauer die erste moderne Rechtschreibung des Tschechischen heraus. Seitdem erscheint sie in unregelmäßigen Intervallen unter großem, teilweise auch kritischem Interesse der breiten Öffentlichkeit. Die Grammatik wurde 1890 durch seine Mluvnice česká pro školy střední a ústavy učitelské kodifiziert. In der Orthographie setzt sich seit 1913 allmählich die Auffassung durch, dass die Fremdwörter nicht etymologisch, sondern phonetisch wiedergegeben werden sollten. Trotz zahlreicher Arbeiten zur „richtigen“ tschechischen Aussprache wurde eine orthoepische Kommission bei der Tschechischen Akademie der Wissenschaften erst Anfang der 1940er Jahre konstituiert.

Beim I. Slawistenkongress in Prag (1929) wurden allgemeine Prinzipien der Sprachkultur präsentiert (B. Havránek, V. Mathesius u. a.) und seit 1932 auch in der Öffentlichkeit vertreten. Die Norm der Schriftsprache sollte danach nicht auf der Volkssprache, den historischen Quellen oder der Sprache einer literarischen Schule basieren, sondern auf der literarischen/ sprachlichen Praxis der letzten 50 Jahre. Nach diesen Prinzipien richtete sich die tschechische Sprachwissenschaft vor allem in den weiteren Jahrzehnten, besonders bei der Reform der Rechtschreibung (1957, 1993), bei der Kodifikation der Orthoepie in Výslovnost spisovné češtiny (1954, Fremdwörter 1978), bei der Kodifikation der Grammatik in Česká mluvnice (1960) von B. Havránek und A. Jedlička und bei der Kodifikation der Lexik im vierbändigen Slovník spisovného jazyka českého (1960-1971). Dieses Wörterbuch knüpfte an die Erfassung des Wortschatzes in Příruční slovník jazyka českého (1935-1957) an, mit der 1911 begonnen wurde. Da die Herausgabe dieses Wörterbuchs erst 1957 abgeschlossen wurde, wurde in der Zwischenzeit seit 1937 in mehreren Ausgaben das Wörterbuch Slovník jazyka českého von P. Váša und F. Trávníček herausgegeben.

Die neueste Ausgabe der tschechischen Rechtschreibung stammt aus dem Jahr 1999. Die Rechtschreibung erscheint seit der Nachkriegszeit jeweils in zwei Versionen, einer akademischen und einer Schulausgabe. Die Grundsätze der Rechtschreibung sind in beiden Versionen gleich, die Schulausgabe enthält zudem – im Hinblick auf die Bedürfnisse der Schulpraxis – auch Informationen über Morphologie und Aussprache, und zwar bei solchen Wörtern, bei denen man Schwierigkeiten voraussetzen kann. Die Rechtschreibung wird nämlich vom Schulministerium in die Liste der Lehrbücher eingereiht, die in den Grundschulen beim Unterricht im Fach „Tschechische Sprache“ als kompaktes Ganzes benutzt werden.