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Dakorumänisch

Allgemeines

Die heutige Situation in Rumänien ist nicht zu verstehen ohne eine Rückschau auf die sprachpflegerischen Maßnahmen zur Zeit des Kommunismus (siehe Sprachperioden).

Mit den politischen Veränderungen in Rumänien, die in den Weihnachtstagen 1989 ihren Beginn nahmen, hat sich auch im Bereich der Sprachbewertung und der Sprachkultivierung einiges verändert. Es gibt nunmehr keine zentralistischen Vorgaben mehr, die zu einem uniformen Sprachgebrauch aufrufen. Die beiden vielleicht markantesten Veränderungen der letzten Jahre sind eine zunehmende Internationalisierung der rumänischen Sprache, die bedingt ist dadurch, dass das Rumänische jetzt in viel stärkerem Maße dem Kontakt mit anderen Sprachen, vor allem mit dem Englischen, ausgesetzt ist als zuvor, sowie das Auftauchen neuer Textsorten. Während bislang alles an einer einheitlichen und ausgesprochen literarischen Norm ausgerichtet war und alles, was nicht dieser Norm entsprach, bekämpft wurde, so taucht nun – auch zusammen mit Themen, die bislang tabu waren – eine Vielfalt von neuen Sprachformen auf (Gruppensprachen, Fachsprachen, Argot etc.). Die Einförmigkeit der kommunistischen Periode wird somit abgelöst durch eine nur noch schwer zu überschauende Pluralität. Dabei kommen zwei Faktoren zusammen: Zum einen ist die allgemeine Toleranz gegenüber allem, was nicht mit der vorgegebenen Norm übereinstimmt, viel stärker als zuvor, und die Bereitschaft, sich von der endlich überwundenen kommunistischen Periode in allen Bereichen, also auch sprachlich, abzusetzen, sehr groß. Zum anderen haben die Institutionen, die bislang über die Einhaltung der sprachlichen Norm gewacht haben, an Einfluss verloren bzw. sind sogar als Vertreterinnen des bisherigen Regimes diskreditiert. So werden Fragen der Sprachkultur bei weitem nicht mehr mit so viel Engagement diskutiert wie zu kommunistischen Zeiten. Die früher gleichgeschalteten Massenmedien, die als „Werkzeug zur Dogmatisierung und Robotisierung der Massen” eingesetzt worden waren, führen die ehemaligen Debatten um den richtigen Sprachgebrauch nicht mehr fort und halten sich auch selbst nicht mehr in allen Fällen an die aufgestellten Regeln. Auch die Academia Română hat viel an Autorität eingebüßt, zumal sich in der Struktur der Akademie ein ähnlicher Wandel zeigt wie in ähnlichen Institutionen in West- und Mitteleuropa: Es sind jetzt keineswegs mehr die Geisteswissenschaftler, die hier den Ton angeben, vielmehr haben Vertreter der Natur- und Ingenieurwissenschaften den größten Einfluss.

Dies erklärt auch den Eingriff in die Orthographie, der 1991 vorgenommen wurde: In dem Bemühen, sich auch optisch rasch und vermeintlich deutlich von der kommunistischen Phase abzusetzen, hatte die Academia Română unter der Präsidentschaft eines Ingenieurs gegen den Rat der meisten Philologen eine Orthographieänderung durchgesetzt, durch die man mehrere Veränderungen der Reform des Jahres 1953, die man nun als kommunistisch brandmarkte, rückgängig machte. Die Folge war, dass über Jahre hinweg ein orthographisches Chaos herrschte, da nicht wenige Autoren und auch Presseorgane die verkündeten Veränderungen nicht mitmachten, sondern bei der zuvor verwendeten Orthographie blieben, was früher natürlich undenkbar gewesen wäre. Inzwischen kann man zwar feststellen, dass die „neue” Orthographie weitgehend (aber durchaus nicht von allen) verwendet wird, doch ist dieser Streit um die Rechtschreibung charakteristisch für die Zeit nach 1989, in der die alten Autoritäten nicht mehr viel zählen und neue nicht sichtbar sind. Von Bedeutung ist heutzutage vor allem der Sprachgebrauch der Massenmedien, natürlich auch der der neuen Medien wie des Internets, durch den sich eine Gebrauchsnorm herausbildet, die sich von der präskriptiven Norm der kommunistischen Epoche unterscheidet. Noch wichtiger dürfte allerdings sein, dass sich das Bewusstsein durchgesetzt hat, dass Sprachnormen nicht sakrosankt sind und für alle Ewigkeiten gelten, sondern dass sie hinterfragt und unter Umständen auch verletzt werden können.