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Dakorumänisch

Spezifika

Die Situation des Rumänischen in der Republik Moldau:Im Jahre 1812 hatte das zaristische Russland den östlichen Teil der historischen Moldau annektiert. Mit Unterbrechungen zwischen 1918 und 1940 sowie 1941-1944 blieb dieses Gebiet bei Russland bzw. der Sowjetunion. Die für die Herausbildung der modernen rumänischen Schriftsprache so wichtige Epoche in der zweiten Hälfte des 19. Jhs., die ja auch die Umstellung vom kyrillischen zum lateinischen Alphabet brachte, ging somit an den rumänischen Varietäten dieses Raumes vorbei. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg wurde von staatlicher Stelle versucht, die Gegensätze zwischen dem Moldauischen, das zu einer eigenständigen Sprache erklärt wurde, und dem Rumänischen besonders deutlich werden zu lassen, um jegliche Ansätze zu einer eventuellen Rückkehr dieses Gebietes zu Rumänien von Anfang an im Keim zu ersticken. Äußeres Zeichen war zunächst die Verwendung des kyrillischen Alphabets, doch ergaben sich auch im Wortschatz durch Aufnahme von Russismen besonders in der Terminologie der Administration, der Politik und der Wirtschaft infolge der Dominanz des Russischen gerade in diesen Bereichen Unterschiede zwischen dem Rumänischen diesseits und jenseits des Grenzflusses Pruth, ohne dass deswegen aus sprachwissenschaftlicher Sicht an der grundsätzlichen Einheit hätte gezweifelt werden können. Auch wenn man es nicht offiziell verkündete, so wurde doch eindeutig eine möglichst stark am moldauischen Dialekt orientierte Sprachform favorisiert, während Sprecher eines an der Bukarester Norm orientierten, dialekt- und russizismenfreien Rumänisch als nationalistisch, prorumänisch und antirussisch galten. Pointiert gesagt: Je fehlerhafter (aus rumänischer Sicht) die Sprache war, desto höher wurde sie geschätzt. Dies war die de facto geltende Sprachnorm; daneben gab es eine offizielle, die in einem orthographischen (DOLM 1965) und einem allgemeinsprachlichen Wörterbuch (DELM 1977-1985) festgehalten war, die sich – sieht man vom unterschiedlichen Alphabet ab – zwar nicht sehr von der Bukarester Norm unterschied, aber nur wenig Beachtung fand. Dies alles hatte dazu geführt, dass das Niveau der Sprachbeherrschung innerhalb der moldauischen Bevölkerung so stark gesunken war, dass noch zu Sowjetzeiten unter Intellektuellen heftige Klagen über die Dekadenz des Rumänischen in Bessarabien (und übrigens auch über das fehlerhafte Russisch) geführt und Maßnahmen gegen den weitgehenden, als „Semilinguismus” oder „Maccaronismus” charakterisierten Sprachverfall gefordert wurden. Die politischen und damit verbunden auch kulturellen Ereignisse am Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre waren so vielfältig und streckenweise auch so verwickelt und widersprüchlich, dass sie hier nicht ausführlich dargestellt werden können. Nach der – noch relativ unkontroversen – Umstellung vom kyrillischen auf das lateinische Alphabet hat es sehr heftige Sprachdiskussionen gegeben, die sich vor allem um das Glottonym (Rumänisch vs. Moldauisch) drehten, womit auch die Frage der „nationalen Identität des Volkes in Moldova” verbunden war. Gegenüber standen (und stehen) sich „Unionisten” und „Moldovenisten”, wobei letztere Gruppe aus verschiedenen Gründen nach und nach die Oberhand gewann, obwohl die Intellektuellen in ihrer überwiegenden Mehrheit für das Glottonym Rumänisch eintraten. Dieser Streit, der auf den ersten Blick wie eine mehr oder weniger unbedeutende Bagatelle aussehen könnte, hatte praktische Auswirkungen, die bis zu umfassenden Streiks von Lehrern, Professoren, Schülern und Studenten, ja sogar bis zur Ermordung einzelner Persönlichkeiten ging, die sich offen als prorumänisch bekannten. Dies alles drängte die konkreten Fragen der Sprachkultivierung ein wenig in den Hintergrund. Die Academia de ştiinţe a Republicii Moldova, die u. a. auch in Gutachten für die Anerkennung des Glottonyms Rumänisch eintrat, versuchte, sich weitgehend an der Bukarester Norm zu orientieren und diese auch über das Schul- und Hochschulwesen, in dem die Unionisten deutlich die Mehrheit hatten, durchzusetzen, um somit das bereits seit langem beklagte defizitäre Sprachniveau zu heben. Als Fazit muss man heute sagen, dass das Rumänische weder im offiziellen Sprachgebrauch so viel an Terrain gewonnen hat, wie man am Ende der 1980er Jahre erwarten durfte, noch eine erhebliche Steigerung der Sprachkompetenz der moldauischen Bevölkerung zu verzeichnen ist. Die letzten Wahlen vom Februar 2001 lassen vielmehr befürchten, dass das Rumänische als Sprache der unteren, vor allem ländlichen Schichten auf einen Status (und auch ein Niveau) zurückgedrängt wird, wie es ihn zu Sowjetzeiten besaß.