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Slowakisch

Allgemeines

Die Begriffe Sprachkultur und Sprachkultivierung beziehen sich auf die slowakische Schriftsprache (spisovná slovenčina). Der traditionelle Terminus Schriftsprache ist erhalten geblieben. Die slowakische Schriftsprache wird als die prominente Existenzform (Varietät) der slowakischen Nationalsprache aufgefasst und als Prestigesprache den territorialen Mundarten gegenübergestellt. Hinsichtlich der Demokratisierung der slowakischen Schriftsprache stellt sich die Frage, ob es nicht angebracht wäre, anstatt oder neben der Schriftsprache über eine Standardsprache zu sprechen. Zwar wird über die Kultur und Kultivierung der Schriftsprache gesprochen, aber die Frage nach der Grenze der gegenwärtigen Schriftsprache bleibt dabei offen. Es wird zwar allgemein anerkannt, dass es erforderlich ist, die Schriftsprache zu kultivieren, aber es gibt zwei Auffassungen der Kultivierung, denen die Frage zugrunde liegt, ob es sich eher um eine rigorose Schriftsprache oder eher eine tolerante Standardsprache handelt. Der Konflikt zwischen diesen Auffassungen begleitet die Kultivierung der slowakischen Schriftsprache. Zusammenfassend gesagt: Den sprachwissenschaftlichen Hintergrund der Kultivierung der slowakischen Schriftsprache bildet der Konflikt zwischen der Tendenz zur Verstärkung der „Künstlichkeit“ dieser Sprache und der Tendenz zur Förderung ihrer „natürlichen“ Entwicklung.

Die sprachpolitischen Maßnahmen der Slowakischen Republik sind im Wesentlichen durch zwei Faktoren determiniert. Größeres Gewicht hat die erste Determinante, nämlich die Tatsache, dass in der Slowakei nationale Minderheiten leben, unter denen die ungarische Minderheit eine besondere Rolle spielt. Ziel von Gesetzen ist es, das Recht und Interesse der slowakischen Nation mit denen der Minderheiten in Einklang zu bringen. Durch die Sprachpolitik wird die Integrierung der Bürger der Slowakischen Republik gefördert und daneben das reibungslose Funktionieren der Minderheitensprachen ermöglicht. Die zweite Determinante der Sprachpolitik ist die Beziehung des Slowakischen zum Tschechischen. Die Sprachpolitik zielt auf die Bekräftigung der Emanzipiertheit der slowakischen Sprache ab, die sich jahrhundertelang im Kontakt und Kontrast zum Tschechischen entwickelt hat.

Die Sprachkritik setzt sich häufig auch mit der Systemhaftigkeit der sprachlichen Strukturen auseinander. Bei der Kritik beruft man sich auf die Kodifikationswerke, die an der Konservierung des gegebenen Zustandes orientiert sind. Die zu restriktive Sprachkritik, deren Hintergrund die klassische Systemlinguistik, das apologetische Herantreten an die Schriftsprache sowie die allzu starke Akzentuierung der Stabilität der schriftsprachlichen Norm (d. h. die konservierende Rolle der Kodifikation) bilden, gerät selbst wieder in die Kritik. In der Kritik der Sprachkritik äußert sich der oben erörterte Konflikt zwischen den zwei Tendenzen in der Auffassung der Kultivierung der slowakischen Schriftsprache. Trotz Kritik, die sich auch auf die Ergebnisse der soziolinguistischen Untersuchungen stützen kann, wird durch die Kodifikation die Tendenz zur Festigung der idealen Norm bevorzugt. Neben der starken Akzentuierung der Stabilität der Norm, mit der die Tendenz eher zur Reduzierung der Zahl der Varianten einhergeht, hebt man zwei Grundsätze für die Kodifikation hervor: das Prinzip der Eigenheit und das der Einfachheit. Nach dem ersten Prinzip werden Elemente und Strukturen bevorzugt, die die Eigenart der slowakischen Sprache manifestieren. Ein markantes Beispiel ist das Beharren auf der Aussprache des weichen ľ auch in Positionen, in denen die Neutralisierung der Opposition l : ľ häufiger vorkommt als ihre Bewahrung, und die Förderung des sog. rhythmischen Gesetzes. Auch dieses Prinzip hat mit dem bereits erörterten Verhältnis zum Tschechischen zu tun. Nach dem zweiten Grundsatz werden Strukturen bevorzugt, die zur Vereinfachung des Sprachsystems beitragen. Man betont, dass durch die Kodifikation die mögliche Komplizierung des Sprachsystems nicht unterstützt werden darf. Die konsequente Beachtung der beiden Prinzipien führt natürlicherweise zum Konflikt zwischen der kodifizierten und der realen Norm. Es wird versucht, die Spannung teilweise durch Einführung des Markers „Substandard“ zu lösen. Als Substandard werden solche Sprachmittel (insbesondere lexikalische Einheiten) verstanden, die nicht als Komponenten der Schriftsprache gelten, aber trotzdem im schriftsprachlichen Kontext öfters verwendet werden, um aus bestimmten Gründen die äquivalenten schriftsprachlichen Mittel zu vermeiden. Sie werden lediglich dann zugelassen, wenn man sie bewusst im Kontrast zu den vorliegenden schriftsprachlichen Elementen benutzt. Mit einer standardsprachlichen Norm im Sinne einer toleranten schriftsprachlichen Norm wird nicht gerechnet. Die Tendenz zur Festigung einer eher rigorosen als toleranten präskriptiven Norm wird institutionell gefördert.