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Ungarisch

Kodifikationsgeschichte

Erste Normierungs- und Kodifizierungsversuche erfolgen schon im 16. Jh. im Zusammenhang mit der Reformation (neben Rechtschreibwerken für die Druckereien auch Sprachlehrbücher für Ausländer). Als kodifizierte Sprache (Wörterbücher, Grammatiken) kann das Ungarische allerdings erst seit Ende des 19./Anfang des 20. Jhs. gelten.

Im 17. und 18. Jh. nähern sich die regionalen Sprachnormen einander an: Aus der nördlichen und östlichen bildet sich ein im Großen und Ganzen einheitlicher Sprachgebrauch heraus (und als eine seiner spezifischen Varianten die Siebenbürger Norm), dem sich auch die westliche (transdanubische) Norm annähert. Mit dem Ende der Türkenherrschaft verschwindet die ö-sprachliche Schriftnorm. Zu Beginn der Aufklärungszeit gibt es demzufolge nur noch zwei einander sehr nahe Sprachnormen: die westliche (beidseitig der Donau) und die östliche (beidseitig der Theiß). Die völlige Vereinheitlichung, die Herausbildung der einheitlichen nationalen Literatursprache, schließt in den Jahrzehnten der Aufklärung und der Reformzeit (Ende des 18. und erste Hälfte des 19. Jhs.) ab.

Eine beträchtliche Rolle in diesen Prozessen spielte die so genannte „Spracherneuerung“. Diese Bewegung setzte sich für die Rechte und Positionen der ungarischen Sprache gegen das Deutsche ein, das damals als Amtssprache in Ungarn galt. Die Entwicklung der sprachlichen Allgemeinbildung wurde zum nationalen Programm erklärt, und reihenweise begannen Schriftsteller mit der terminologischen Bereicherung des belletristischen Wortschatzes und der wissenschaftlichen Fachsprache. Diese Arbeit blieb jedoch nicht immer frei von Übertreibungen: So entfaltete sich bald ein erbitterter Kampf zwischen den Anhängern der Spracherneuerung, den so genannten Neologen, und den konservativen Orthologen, die die ungewohnten Wörter hartnäckig zurückwiesen. Der Kampf endete mit dem Sieg der Neologen; darauf folgend wurde in der Reformzeit auch die Rechtschreibung vereinheitlicht (die erste akademische Rechtschreibvorschrift erschien 1832). Die Wirksamkeit des um die Rechte der ungarischen Sprache geführten Kampfes demonstrierte die Nationalversammlung von 1844, welche das Ungarische endlich zur amtlichen Sprache des öffentlichen Lebens machte.

Das Ungarische ist durch zahlreiche Werke genau kodifiziert. Allerdings sind die vom Sprachwissenschaftlichen Institut der ungarischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Wörterbücher in Bezug auf das Wortmaterial schon etwas veraltet. Die Herausgabe eines modernisierten ungarischen Großwörterbuchs gehört somit zu den wichtigsten Aufgaben der Sprachkultivierung.