AllgemeinesDie Sprachkultur seit 1945 ist eine sehr aktive und überwiegend auch erfolgreiche Periode in der Geschichte der ungarischen Sprachkultivierung. In der ungarischen Gesellschaft hat sich in diesen Jahrzehnten ein tief greifender Wandel abgespielt, der auch Spuren in der Sprache hinterließ. Die Industrialisierung des Landes hat eine ziemlich starke Migration innerhalb des Landes ausgelöst, was – ergänzt durch die Erhöhung des Bildungsniveaus durch die kostenlose und allgemein zugängliche Schul- und Universitätsausbildung – zu einer relativ großen sprachlichen Integration auf der Basis der Standardsprache geführt hat. Dazu kommt die bedeutende Veränderung des Wortschatzes: zum Teil durch den zweimaligen politischen Systemwechsel, aber noch mehr durch die früher unvorstellbare, schnelle Entwicklung der Technik und der Wissenschaften. Nicht zu vergessen ist hier die revolutionäre Entwicklung der Medien, die jetzt überall zugänglich sind und zur Verbreitung der Norm einen beachtlichen Beitrag leisten. In Bezug auf die heutige Sprachsituation sind nach dem politischen Systemwechsel die Anzeichen einer gewissen Pluralisierung zu beobachten: Einerseits sind trotz der angestrebten Standardisierung die markantesten Merkmale der bedeutendsten Dialekte erhalten geblieben, andererseits sind in der (groß)städtischen Kultur gewisse, von vielen als recht negativ eingestufte Tendenzen des Sprachwandels zu beobachten (verbreiteter Gebrauch von Slang-Ausdrücken und derben Wörtern, legere Artikulation usw.). Deshalb meinen einige Wissenschaftler, dass in der jetzigen Sprachsituation die Formulierung neuer sprachlicher Ideale nötig sei. Eine gewisse Gefahr für den richtigen Sprachgebrauch besteht darin, dass es relativ viele Leute gibt, die – obwohl sie beide Fähigkeiten erlernt haben – kaum lesen und schreiben. Dieser funktionale Analphabetismus, der auch in vielen anderen entwickelten Ländern vorkommt, wirkt sich auf das Niveau des Sprachgebrauchs nachteilig aus; er ist auch für die Betroffenen in der Hinsicht hinderlich, dass sie sich kaum weiterbilden können und somit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt geringer sind. |