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Slowenisch

Sprachperioden

Die Anfänge der Schriftlichkeit (ca. 750 - ca. 1550)

Um das Jahr 750 fiel das bis dahin unabhängige alpen-slawische Fürstentum Karantanien der bayerisch-fränkischen Oberherrschaft zu; während der Christianisierung wurde es in das Reich Karls des Großen eingegliedert. Einige Abschriften volkssprachlicher Gebets- und Predigtformeln dieser Zeit, verwendet zum Zwecke der Missionierung, blieben erhalten und zeugen davon, dass sich das Slowenische bereits im 10. Jh. als eigenständige Sprache aus dem Alpen-Slawischen entwickelt hatte. Es liegen Beweise vor (z. B. die Eintragung im Rechtsbuch Schwabenspiegel oder der Bericht E. S. Piccolominis, des späteren Papstes Pius II., im Werk De Europa), dass die Sprache dieser Überlieferungen noch lange nach dem Verlust der politischen Unabhängigkeit Karantaniens nicht nur in der Kirche, sondern gelegentlich auch auf staatspolitischer Ebene gesprochen wurde (z. B. bei der Einsetzung von Kärntner Landesherzogen bis zum Jahr 1414). Für die Weiterentwicklung des Slowenischen waren eine starke dialektale Aufgliederung und die Einbindung in ein Reich mit dominanter deutscher Sprache von wesentlicher Bedeutung. Deshalb ist in den erhaltenen Manuskripten bis zum 16. Jh. bereits der Einfluss der Dialekte und des deutschen Adstrats sichtbar.

Die Begründung einer slowenischen Schriftsprache (ca. 1550 - ca. 1770)

Begründer der slowenischen Schriftsprache war Primož Trubar, der wichtigste Vertreter der Reformation in Slowenien: 1550 führte er in einer Fibel und seinem Katechismus die Norm ein, die sich einerseits auf das Muster der kirchlichen Predigtsprache in Ljubljana stützte , sich andererseits aber so weit über die ausgeprägten lokalen Besonderheiten erhob, dass seine Sprache auch überregional verstanden wurde. In den folgenden vier Jahrzehnten kultivierten Trubar und andere Autoren diese Schriftsprache weiter, führten sie teilweise in den ständischen lateinischen Schulen ein und gaben in dieser Sprache ungefähr 50 Bücher heraus (mit Unterstützung der Krainer, Steirischen und Kärntner Landstände sogar J. Dalmatins Übersetzung der gesamten Biblia, 1584). Ihre zentralslowenische (Krainer) Norm kodifizierten sie in einem mehrsprachigen Wörterbuch und in einer Grammatik. An der so entstandenen Grundlage der schriftsprachlichen Überlieferung versuchten auch die Gegenreformatoren und spätere Autoren bis zum Ende des 18. Jhs. festzuhalten (z. B. Janez Svetokriški, Verfasser der Sammlung von Barockpredigten Sacrum promptuarium, 1691-1707), doch wurde dies wegen der ansteigenden Mundartenvielfalt des Slowenischen immer schwieriger; allmählich war der regionale Partikularismus derart erstarkt, dass es zur Einführung neuer schriftsprachlicher Normen kam, z. B. in Prekmurje/Übermurgebiet, in Kärnten, in der Steiermark und sogar in der Krain. Diese Versuche führten zum Nachdenken über die Notwendigkeit einer Erneuerung der zentralslowenischen Schriftsprache, um diese für die Angehörigen peripherer slowenischer Mundarten akzeptabler und für die Verständigung auf neuen Lebensgebieten geeigneter zu machen.

Die Erneuerung der Schriftsprache (ca. 1770 - 1900)

Die erste Welle bedeutender Erneuerungseingriffe fand im Kontext der theresianisch-josephinischen Reformen, der Französischen Revolution und der napoleonischen Kriege statt. Auf dieser Grundlage begann sich die slowenische belletristische Prosa zu entwickeln, das Ansehen der zentralslowenischen Schriftsprache stieg steil an, besonders dank der außerordentlichen dichterischen Schaffenskraft F. Prešerens. Klar abgelehnt war dadurch die Forderung des Illyrismus, der behauptete, es gebe aufgrund des relativ kleinen slowenischen Sprachraumes keine Perspektive, die slowenische Sprache als eine allseitig entwickelte Schriftsprache zu pflegen, und darum sei es wenigstens für die Intellektuellen „ökonomischer“, in der kroatischen Sprache (ilirski/illyrisch) zu schreiben. Manche Leute aus den peripheren Landschaften empfanden diese Sprache allerdings immer als zu stark vom Krainer Dialekt geprägt. Deswegen kam es während der zweiten Erneuerungswelle, in der Atmosphäre der Märzrevolution von 1848, zunächst zu einer Änderung der Buchstabenschrift; anschließend beschlossen einige bedeutende Kulturschöpfer und Sprachforscher (F. Miklošič und andere) im Sinne des politischen Programms des Vereinigten Sloweniens (Forderung nach der Vereinigung aller slowenisch bevölkerten Länder in eine geschlossene verwaltungspolitische Einheit innerhalb des multinationalen österreichischen Kaiserreiches), beim Übersetzen des österreichischen Staatsgesetzbuches in die slowenische Sprache einen überwiegenden Anteil der überlieferten Struktur der zentralslowenischen Schriftsprache zu erhalten, aber auch einige „neuen Formen“ einzuführen, die vor allem in den peripheren Dialekten (außerhalb der Krain) existent, aber auch etymologisch begründet und durch Parallelen in anderen slawischen Sprachen gestützt waren. Im letzten Drittel des 19. Jhs. wurde die slowenische Aussprachenorm festgelegt, wobei sie eindeutig auf die lebendige Sprache des slowenischen Herzlandes stützte.

Die moderne slowenische Schriftsprache (seit ca. 1900)

Der Zerfall Österreich-Ungarns nach dem 1. Weltkrieg und die Gründung Jugoslawiens bedeuteten für die Slowenen den größten geschichtlichen Umbruch, denn dadurch wurden sie nach mehr als tausend Jahren der deutschsprachigen staatspolitischen Hegemonie und der damit verbundenen Sprachexpansion entzogen. Ljubljana wurde zur unumstrittenen slowenischen Hauptstadt, Slowenisch wurde auf allen Ebenen der amtlichen und sonstigen öffentlichen Verständigung frei gebraucht und erfuhr einen lebhaften Aufschwung im Schulwesen, in der Wissenschaft, in der Publizistik und im Geschäftsleben. Dialektologische und historische Studien der Wissenschaftler an der jungen Universität Ljubljana haben in dieser Situation viel zur Festigung des Bewusstseins der slowenischen sprachlichen Eigenständigkeit beigetragen, den Großteil der unmittelbaren Arbeit für die Sprachkultur erledigten indes andere Fachleute. In Periodika wurde die Sprachkritik neuer Bücher gepflegt, zahlreiche Sprachecken und Antibarbari dienten zur Behebung der häufigsten Barbarismen. Schule, Kirche, Theater und Rundfunk (ab 1928) boten Modelle eines kultivierten slowenischen Sprechens. Der 1935 gegründete Slavistično društvo (Slawistischer Verein) gab die Fachzeitschrift Slovenski jezik heraus. Zwecks theoretischer Ausgewogenheit und Vertiefung all dieser Bemühungen behandelte B. Vodušek (1933) kritisch einige Richtlinien in der normativen Stillehre: Nichtbeachtung der Funktions- und Gattungsgliederung der Schriftsprache; Erklärung der bäuerlichen Landsprache als immer gültiges Ideal des Slowenischen; Verabsolutierung der Meinung, die Ausdruckskraft des Slowenischen liege im Verb (und nicht im Substantiv), die Schönheit slowenischer Texte allerdings in der Häufung von melodiösen Wörtern und Synonymen (ungeachtet stilistischer Differenzen).